Wie in anderen abgewickelten Disziplinen nahm eine Gründungskommission für Soziologie die Arbeit auf. Sie sah es als ihr Ziel an, am Standort Leipzig Bedingungen für Forschung und Lehre zu schaffen, die eine international üblichen Standards entsprechende qualitativ gute Arbeit ermöglichen. Dazu waren Studieninhalte und Studienverlauf im neu zu gründenden Institut in Leipzig so festzulegen und zu institutionalisieren, dass ein konkurrenzfähiger Diplomstudiengang angeboten werden konnte. Zusätzlich wurde ein Magisterstudiengang im Haupt- und Nebenfach eingerichtet. Dies sollte mit einer entsprechenden sächlichen und personellen Ausstattung verbunden sein, um sowohl in der entstehenden gesamtdeutschen Wissenschaftslandschaft bestehen zu können als auch eine methodisch-empirisch und theoretisch breite und vertiefte Ausbildung zu garantieren. Mit dieser Periode der Leipziger Soziologiegeschichte sind die Namen der Heidelberger Soziologen M. Rainer Lepsius (1928-2014) und Wolfgang Schluchter aufs Engste verbunden. Während Lepsius an der „Gründung der Gründungskommission“ entscheidend beteiligt war und deren Zusammensetzung maßgeblich mitbestimmte, war Schluchter als Gründungsdirektor entscheidender Akteur und Weichensteller in dieser Periode des Übergangs. Schluchter hat in der Umbruchphase selbst Vorlesungen in Leipzig gehalten und dafür gesorgt, dass renommierte Fachkollegen aus dem In- und Ausland weitere Vorlesungen und Kurse anbieten konnten. In die dreizehn Mitglieder umfassende (sieben Hochschullehrer, drei Mittelbauangehörige, drei Studierende) Gründungskommission wurden international erfahrene und angesehene Soziologen bestellt, die eine klare Neuausrichtung und Profilbildung des Instituts im Sinn einer theoriegeleiteten empirischen Forschung in wichtigen Kernbereichen des Fachs anstrebten. Damit verbunden war eine starke Betonung empirischer Forschungsmethoden, besonders der „quantitativen“ Methoden der schließenden Statistik. Dies bedeutete auch eine radikale Kehrtwende im Vergleich zu der geisteswissenschaftlichen und rechtskonservativ-kulturkritischen Vorstellungswelt der Freyer-Schule – und selbstredend eine Abkehr von marxistisch-leninistischer Parteilichkeit. Allerdings konnte an einzelne Gesichtspunkte der in der DDR-Periode gepflegten empirischen Forschungslinien und der damit verbundenen methodischen Ausrichtung angeknüpft werden.
Unter Leitung Schluchters wurden die wichtigsten Gründungsdokumente (Strukturplan, Studien- und Prüfungsordnung) zügig ausgearbeitet, so dass bereits im Sommer 1991 die erste Ausschreibung für die drei vorgesehenen C4-Lehrstühle erfolgen konnte. Mit der letzten C3-Berufung 1994 war der institutionelle Neuaufbau endgültig abgeschlossen. Die erste Kohorte von Hochschullehrern bestand – in der zeitlichen Reihenfolge ihrer Berufung – aus den Lehrstuhlinhabern Thomas Voss (Soziologie mit Schwerpunkt Theorie und Theoriegeschichte), Georg Vobruba (Soziologie mit Schwerpunkt Sozialpolitik) und Karl-Dieter Opp (Soziologie und Methodenlehre). Mit der Berufung Karl-Dieter Opps gelang es, einen international bekannten, vielseitig produktiven und erfahrenen empirischen Forscher für Leipzig zu gewinnen, der zudem bereits in Leipzig – von seiner früheren Wirkungsstätte in Hamburg aus – ein größeres empirisches Forschungsprojekt über die Volkseigene Revolution – so der Titel einer Buchveröffentlichung [mit Peter Voß] über die Leipziger Montagsdemonstrationen – durchgeführt hatte. Auf C3-Professuren wurden Kurt Mühler (Schwerpunkt Sozialisation und Interaktion), Helena Flam (Schwerpunkt Markt und Organisation) und Johannes Huinink (Schwerpunkt Vergleichende Analyse von Gegenwartsgesellschaften) berufen. Als weitere Wissenschaftler waren in der ersten Kohorte die Hochschullehrer Steffen Wilsdorf und Rolf Ludwig vertreten, die für die Ausbildung in den Methoden empirischer Sozialforschung und in angewandter Statistik zuständig waren. Regina Metze wurden Aufgaben im Bereich der Wirtschafts- und Techniksoziologie sowie in der Organisation der Lehre und des Prüfungsauschusses übertragen. Sie war maßgeblich an der Umsetzung und Anpassung der Studienpläne der Gründungskommission und später der Einführung und Implementierung der neuen gestuften Bachelor- und Masterstudiengänge beteiligt.
Am Rande sei bemerkt, dass an der Universität Leipzig Soziologie auch in anderen Instituten und Fakultäten – jeweils mit spezialisierter Ausrichtung – etabliert wurde. Am Institut für Kulturwissenschaft wurde Jürgen Gerhards 1994 auf einen Lehrstuhl für Kultursoziologie berufen, in der Theologischen Fakultät vertrat Detlef Pollack am Institut für Praktische Theologie das Gebiet der Religionssoziologie. Gegenwärtig wird Kultursoziologie von Monika Wohlrab-Sahr, Religionssoziologie von Gerd Pickel gelehrt.
Das neugegründete Institut für Soziologie war räumlich zunächst untergebracht in der 12. Etage des Universitätshochhauses am Augustusplatz, das allerdings Mitte der 1990er Jahre an ein privates Unternehmen verkauft und für eine erforderliche Generalsanierung geräumt wurde. Nach einer Interimsunterbringung in der Burgstr. 9 befindet es sich seit 2002 im neu errichteten sogenannten „Geisteswissenschaftlichen Zentrum“ (GWZ) in der Beethovenstr. 15. Das Institut ist Teil der Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie. In den frühen 1990er Jahren diskutierte alternative Fakultätszugehörigkeiten (insbesondere im Verbund mit der Psychologie oder den Wirtschaftswissenschaften) wurden nicht realisiert.
Inzwischen sind am Institut aus der ersten Kohorte von Hochschullehrern noch Mühler und Voss aktiv tätig, Opp und Vobruba bieten als Emeriti regelmäßig einzelne Lehrveranstaltungen an. Der Lehrstuhl Soziologie und Methodenlehre wird seit 2011 von Roger Berger, eine zweite W3-Professur (Soziologie mit Schwerpunkt Institutionen und sozialer Wandel) seit 2014 von Holger Lengfeld geleitet. Inhaber der Professur für Vergleichende Analyse von Gegenwartsgesellschaften ist seit 2011 Thorsten Schneider. Seit 2018 ist Marian Burchardt Inhaber der Professor für Soziologie mit Schwerpunkt Transregionalisierung (vormals Markt und Organisation) am Institut für Soziologie und dem Center for Area Studies (CAS). Zudem bekleidet Andreas Diekmann seit 2018 eine Seniorprofessur für Soziologie in Leipzig.
Die in wesentlichen Elementen noch durch die Gründungskommission geplanten Studiengänge, insbesondere auch der Diplomstudiengang, haben sich bewährt. Eine Reihe früherer Absolventinnen und Absolventen hat erfolgreiche und vielversprechende Karrieren insbesondere im akademischen Bereich im In- und Ausland erreicht. Mit der auch an der Universität Leipzig durchgesetzten Bologna-Reform wurden diese Studiengänge jedoch durch gestufte Studiengänge abgelöst. Seit dem Wintersemester 2006/2007 konnte man an der Universität Leipzig das Fach Soziologie im Rahmen eines Bachelorstudienganges „Sozialwissenschaften und Philosophie“ mit Soziologie als Kernfach studieren. Dieser Studiengang konnte in der Ausbildungsqualität, insbesondere in den zentralen Bereichen der Theorie und Methoden der Soziologie, im Vergleich zum aufgegebenen Diplomstudiengang nicht in jeder Hinsicht überzeugen. Seit dem Wintersemester 2013/2014 kann man an der Universität Leipzig das Fach im Rahmen des Bachelorstudienganges „Soziologie“ und im Wahlbereich anderer Bachelor-Studiengänge der Universität Leipzig studieren. Der neu eingeführte Studiengang umfasst im Kernfach höhere spezifisch soziologische Lehranteile, darunter auch erste forschungspraktische Übungen im Bereich der empirischen Methoden in Gestalt eines zweisemestrigen Seminars. Mit dem Wintersemester 2009/2010 wurde ein 4-semestriger forschungsorientierter Masterstudiengang eingeführt.